13 April 2007

Spitalgeschichten



Morphiöse Gedanken
Der Jülicher Torwart hält die Null fest. Ein Satz der mir von irgendeiner Reportage geblieben ist. Jülich eine kleine Stadt zwischen Linnich und Titz. Aber wieso fällt der Satz mir gerade jetzt ein? Sei’s drum, der Jülicher Torwart hält die Null fest.
Als Leiche fast zu schön drapiert, mit soviel Medi ist man fast schon tot, der Raum zu trostlos um zu sterben, als Abstellkammer zu gross, Notfall halt! Der Jülicher Torwart hält die Null fest. Die Schmerzen bringen einen fast um, und die Schmerzmittel erregen eine grauenhafte Übelkeit. Ich weiss nicht welches das einfachere Übel ist! Vom Bettenhochhaus hat man einen wunderbaren Blick auf das Quartier. Aber nach und nach gehen dort die Lichter aus. Wann gehen denn meine aus? Der Jülicher Torwart hält die Null fest. Was immer das sein soll! Vermutlich lässt er kein Tor rein.
Die Nacht ist lang. Eine Morphiumspritze erlöst mich von den Schmerzen und ich gleite hinüber in Morpheus Armen. Nur der Torwart hält noch immer die Null fest. Ich weiss nicht was die hier festhalten? Mich? Ich will aber nicht! Schon viermal zu meiner Krankheitsgeschichte befragt worden. Mit schwerer Zunge lallend versucht Wörter zu finden. Jetzt weiss ich was die hier festhalten! Die Unfähigkeit! Von mir wollen sie wohl wissen, was sie machen sollen. Mir fallen andauernd die Augen zu. Was mein Ziel ist hier wäre, wollen sie wissen. Eine neue Therapieform? Die Ärzte halten die Null fest! Ich will doch bloss, dass man mir hilft. Schmerzen weg, Fuss heil, mehr nicht. Ich will keine Null-Lösung. Tor!
Samstag, 25.März 2007



Langsames Kino
„Das Einzigartige an einer Situation erkennen zu können, ist fast schon genossen:“ Zitat aus dem Fundus meiner unendlichen Hirnwindungen.
Der Blick vom Bett aus über die Stadt, ist so etwas Besonderes. Ohne etwas tun zu müssen, die Wolken ziehen lassen. Die Lichtstimmungen aufnehmen, wie im Kino. Langsames Kino für langsame Hirne. Schmerzgedämpft nehme ich die Welt wie durch einen Schleier wahr. Langsam, zurückhaltend beobachtend. Bewusstes Wahrnehmen?
Sonntag, 26.März 2007



Falsche Kirche
Ich lag aufgebahrt in der Kirche. Die ganze Gemeinde betete das „Vater Unser“ und ich betete mit. Aber wie so beteten die in Latein? Ein Schreck fuhr mir durch die Glieder. Ich lag in der falschen Kirche, katholisch. Als die Gemeinde noch die Jungfrau Maria anrief war alles klar. Und nun? Ich konnte doch nicht einfach aufstehen und die Kirche wechseln. Das würde die Gemeinde nicht verkraften. Wenn ich schon mitbetete, konnte ich ja schlecht tot sein. Sollte ich jetzt liegen bleiben bis die Gemeinde die Kirche verlassen hat und mich dann davon schleichen? Was aber, wenn der Sarg direkt in die Verbrennung herabgelassen wurde? Mir wurde ganz heiss! Waren dass etwa schon die Flammen? Zum Glück wurde ich wach. Ich bin noch mal davon gekommen.
Die Familie meines Bettnachbarn hatte den Priester gerufen für den letzten Segen.
Zum Glück hat er seine schwere Operation überstanden.
Mittwoch, 8. April 2007