Welches ist Dein Lieblingsgedicht?
Kleine Stadt am Sonntagmorgen
Der Kirchturm träumt vom lieben Gott.
Die Stadt riecht ganz und gar nach Braten
und auch ein bißchen nach Kompott.
Am Sonntag darf man lange schlafen.
Die Gassen sind so gut wie leer.
Zwei alte Tanten, die sich trafen,
bestreiten rüstig den Verkehr.
Sie führen wieder mal die alten
Gespräche, denn das hält gesund.
Die Fenster gähnen sanft und halten
sich die Gardinen vor den Mund.
Der neue Herr Provisor lauert
auf sein gestärktes Oberhemd.
Er flucht, weil es so lange dauert.
Man merkt daran: Er ist hier fremd.
Er will den Gottesdienst besuchen,
denn das erheischt die Tradition.
Die Stadt ist klein. Man soll nicht fluchen,
Pauline bringt das Hemd ja schon!
Die Stunden machen kleine Schritte
und heben ihre Füße kaum.
Die Langeweile macht Visite.
Die Tanten flüstern über Dritte.
Und drüben, auf des Marktes Mitte,
schnarcht leise der Kastanienbaum.
Strandgut Hat gesagt…
Du, laß dich nicht verhärten
In dieser harten Zeit
Die allzu hart sind, brechen,
Die allzu spitz sind, stechen
Und brechen ab sogleich
Du, laß dich nicht verbittern
In dieser bittren Zeit
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
Doch nicht vor deinem Leid
Du, laß dich nicht erschrecken
In dieser Schreckenszeit
Das wolln sie doch bezwecken
Daß wir die Waffen strecken
Schon vor dem großen Streit
Du, laß dich nicht verbrauchen
Gebrauche deine Zeit
Du kannst nicht untertauchen
Du brauchst uns, und wir brauchen
Grad deine Heiterkeit
Wir wolln es nicht verschweigen
In dieser Schweigezeit
Das Grün bricht aus den Zweigen
Wir wolln das allen zeigen
Dann wissen sie Bescheid
Wolf Biermann
Sonntag, 20 November, 2005
werwiewo Hat gesagt…
Oh ja, Gedichte! In der Schule gelernt, später dann immer wieder selbst versucht, vor allem in pathetischen Stimmungen (am allerbesten bei Liebeskummer!) - und zuweilen auch gesammelt, wie das kleine folgende, geeignet, um die Erleichterung nach überstandenen Problen zu beschreiben. Jetzt, beim Älterwerden, wunderbare Gedächtnisübungen, würde man sich jeden Tag ein paar Zeilen merken...
Anfangs wollt' ich fast verzagen
und ich glaubt' ich trüg es nie
und ich hab es doch getragen
aber fragt mich nur nicht wie...
(Heinrich Heine)
Montag, 23 Januar, 2006
KariCartoon Hat gesagt…
Ohh, tut es mir gut. Gerade zum richtigen Zeitpunkt. Merci
Dienstag, 24 Januar, 2006
werwiewo Hat gesagt…
Dann vielleicht gleich noch eins, diesmal in Dialekt, leider weiss ich nicht mehr von welchem Autor - der es mir verzeihen möge, wenn ich es hier unzitiert weitergebe:
luegsch
zlang
zu öpperem
ufe
risggiersch
der äckegschtabi
schad
dases
kes änlechs
signau
git
weduföpper
abeluegsch
Mittwoch, 25 Januar, 2006
4 Kommentare:
Du, laß dich nicht verhärten
In dieser harten Zeit
Die allzu hart sind, brechen,
Die allzu spitz sind, stechen
Und brechen ab sogleich
Du, laß dich nicht verbittern
In dieser bittren Zeit
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
Doch nicht vor deinem Leid
Du, laß dich nicht erschrecken
In dieser Schreckenszeit
Das wolln sie doch bezwecken
Daß wir die Waffen strecken
Schon vor dem großen Streit
Du, laß dich nicht verbrauchen
Gebrauche deine Zeit
Du kannst nicht untertauchen
Du brauchst uns, und wir brauchen
Grad deine Heiterkeit
Wir wolln es nicht verschweigen
In dieser Schweigezeit
Das Grün bricht aus den Zweigen
Wir wolln das allen zeigen
Dann wissen sie Bescheid
Wolf Biermann
Oh ja, Gedichte! In der Schule gelernt, später dann immer wieder selbst versucht, vor allem in pathetischen Stimmungen (am allerbesten bei Liebeskummer!) - und zuweilen auch gesammelt, wie das kleine folgende, geeignet, um die Erleichterung nach überstandenen Problen zu beschreiben. Jetzt, beim Älterwerden, wunderbare Gedächtnisübungen, würde man sich jeden Tag ein paar Zeilen merken...
Anfangs wollt' ich fast verzagen
und ich glaubt' ich trüg es nie
und ich hab es doch getragen
aber fragt mich nur nicht wie...
(Heinrich Heine)
Ohh, tut es mir gut. Gerade zum richtigen Zeitpunkt. Merci
Dann vielleicht gleich noch eins, diesmal in Dialekt, leider weiss ich nicht mehr von welchem Autor - der es mir verzeihen möge, wenn ich es hier unzitiert weitergebe:
luegsch
zlang
zu öpperem
ufe
risggiersch
der äckegschtabi
schad
dases
kes änlechs
signau
git
weduföpper
abeluegsch
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